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09.09.2023

Erkenntnisse aus Amsterdam

Die auf dem Europäischen Kardiolog:innenkongress vorgestellten Publikationen mit DHZC-Beteiligung im Überblick

DHZC-Kinderkardiologin Prof. Dr. med. Sabine Klaassen gehört zu den Autorinnen der neuen Kardiomyopathie-Leitlinien.

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Das Jahrestreffen der europäischen Gesellschaft für Kardiologie (European Society of Cardiology, ESC) ist der größte herzmedizinische Fachkongress der Welt. Dieses Jahr fand der Kongress in Amsterdam statt. Hier geben wir einen umfassenden Überblick über die dort vorgestellten Publikationen mit Beteiligung von Wissenschaftler:innen des DHZC.

Neue Leitlinien

Kardiomyopathien

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hat weitgehend neue Leitlinien zur Behandlung von Kardiomyopathien herausgegeben. DHZC-Kinderkardiologin Prof. Dr. med. Sabine Klaassen gehört zu den Autor:innen.

Die Einteilung der Kardiomyopathien nach dem klinischen Phänotyp wurde in diesen neuen Leitlinien maßgeblich verändert.
So wird die Linksventrikuläre Noncompaction Kardiomyopathie nicht länger als eigenständige Kardiomyopathie anerkannt. Zudem wird die ARVC/arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie wieder mit den ursprünglichen, engeren Diagnosekriterien als Erkrankung vorwiegend des rechten Ventrikels beschrieben.
Ergänzend dazu wird eine neue Form, die nicht-dilatierte linksventrikuläre Kardiomyopathie, eingeführt.

In der Leitlinie werden alle Aspekte der Diagnose und Therapie des Patienten umfassend behandelt.
Weiterer zentraler Punkt ist die genetische Komponente. Für jede:n Patient:in mit Verdacht auf oder manifester Kardiomyopathie ist genetische Diagnostik notwendig. Darüber hinaus wird empfohlen, dass auch Verwandte ersten Grades genetisch untersucht werden.

Ein besonderes Augenmerk wird auf die Prävention des plötzlichen Herztods gelegt. Hier hat die MRT-Diagnostik einen besonderen Stellenwert erhalten.

Infektiöse Endokarditis

Auch zur Diagnose und Behandlung der infektiösen Endokarditis (IE) hat die European Society of Cardiology (ESC) neue Leitlinien zur Prävention, Diagnose und Behandlung herausgegeben. Prof. Dr. med. Volkmar Falk. und Prof. Dr. med. Ulf Landmesser, die Ärztlichen Direktoren des DHZC, gehören zur ESC Scientific Group, also dem Gutachterteam.

Die infektiöse Endokarditis, eine oft akut lebensgefährliche Infektion der Herzinnenhaut und der Herzklappen, ist relativ selten. Ihre Häufigkeit nimmt jedoch zu. Zu den Schwerpunkten der neuen Leitlinien gehören die Aktualisierung der Risikokategorien, die Empfehlungen für antibiotische Prophylaxe und die Definition der Risikogruppen. Zur Prävention gehören hygienische Maßnahmen und Antibiotika-Prophylaxe bei Hochrisikopatienten.

Neue Empfehlungen betreffen auch die Nachsorge nach der Entlassung, wobei der Schwerpunkt auf der Patientenaufklärung liegt. Ein neuer Abschnitt widmet sich der patientenzentrierten Versorgung.

Akutes Koronarsyndrom

Auch bei den neuen Leitlinien für die Behandlung des akuten Koronarsyndroms waren Prof. Landmesser und Prof. Falk als Mitglieder der ESC Scientific Group beteiligt.

Im Gegensatz zu früheren Versionen, die ST-Hebungs-Myokardinfarkt (STEMI) und nicht-ST-Hebungs-ACS (NSTE-ACS) separat behandelten, fasst die Leitlinie von 2023 diese zusammen. Der Hauptunterschied in der Behandlung hängt vom Zeitpunkt der invasiven Koronarangiographie ab. Bei Hochrisikopatienten ist eine Intervention innerhalb von 24 Stunden empfohlen.

Es gibt 37 neue Empfehlungen, u.a. zur Medikation und zur Behandlung von Mehrgefäßerkrankungen und zur Behandlung von Krebspatienten mit ACS: Bei einer Lebenserwartung von über 6 Monaten wird hier eine invasive Therapie empfohlen, bei geringerer Prognose ein konservativer Ansatz.

Die Leitlinien betonen die Bedeutung der Patientenperspektive. Klinische Entscheidungen sollten die individuellen Bedürfnisse der Patienten berücksichtigen. Es wird empfohlen, die Vorbereitung auf die Entlassung bereits bei der Aufnahme zu beginnen und ACS-Patienten zu einem medizinisch überwachten Rehabilitationsprogramm anzuleiten.

Diabetes-Patient:innen

Neue Leitlinien gibt es auch für die Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen bei Diabetes-Patient:innen. Prof. Volkmar Falk gehört hier zur ESC Scientific Group.

Patient:innen mit Typ-2-Diabetes haben ein stark erhöhtes Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen (CVD). Es wird angenommen, dass 25-40% der CVD-Patient:innen unentdeckten Diabetes haben, weshalb systematisches Diabetes-Screening empfohlen wird. Ein neuer Score hilft, das 10-Jahres-Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse zu bewerten.

Die Richtlinien betonen die Relevanz gesunder Ernährung, regelmäßiger Bewegung und des Verzichts aufs Rauchen. Bei Diabetikern mit CVD werden zusätzlich spezifische Medikamente wie SGLT2-Inhibitoren empfohlen.

Ein weiterer Fokus liegt auf der Herzinsuffizienz bei Diabetikern und der Notwendigkeit der Früherkennung. Zudem sind durch Diabetes bedingte Nierenschäden ein global bedeutendes Problem, weshalb regelmäßige Screenings vorgeschlagen werden.

Abschließend wird betont, dass Diabetes bei Frauen ein noch höheres CVD-Risiko als bei Männern darstellt, die Gleichstellung von Frauen in der Behandlung und klinischen Forschung also sichergestellt sein muss.

Focused Update: Herzinsuffizienz

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) hat ihre Leitlinien zur Herzinsuffizienz angesichts neuer Forschungsergebnisse aktualisiert.
Prof. Dr. Frank Edelmann (DHZC-Klinik für Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin am Campus Virchow-Klinikum) gehört zur ESC Scientic Group.  Seit Erscheinen der Leitlinien im Jahr 2021 wurden zahlreiche bedeutende Studien veröffentlicht, die eine fokussierte Aktualisierung erforderlich machten. Ein zentraler Fortschritt ist die Empfehlung von SGLT2-Inhibitoren für Patienten mit bestimmten Arten von Herzinsuffizienz, um das Risiko von Krankenhausaufenthalten und Herz-Kreislauf-bedingten Todesfällen zu senken. Weitere Schwerpunkte der aktualisierten Leitlinien sind die intensive Nachsorge nach Krankenhausaufenthalt sowie die Behandlung von Begleiterkrankungen wie Typ-2-Diabetes und Eisenmangel.

Publikationen im New England Journal of Medicine

Angiographie und OCT: hochauflösende kardiale Bildgebungsverfahren im Vergleich

Eine internationale multizentrische Studie mit rund 2500 eingeschlossenen Patient:innen untersucht den Nutzen und die Sicherheit der optischen Kohärenztomographie (OCT) ergänzend zur Angiographie als laser-basiertes Bildgebungsverfahren für die  perkutanen Koronarintervention (PCI). Prof. Ulf Landmesser gehört zu den beiden internationalen Leitern der Studie.

Die Auswertung zeigte, dass bei OCT-geleiteter PCI die Stents größer waren und weniger Behandlungskomplikationen auftraten, insbesondere Stentthrombosen. Es gab jedoch keinen signifikanten Unterschied in Langzeitergebnissen bezüglich der Notwendigkeit erneuter Therapie. Die Studienergebnisse könnten durch die COVID-Pandemie beeinflusst worden sein, doch sie bestätigen die Effizienz und Sicherheit der OCT bei PCI.

Katheterablation bei Patienten mit Vorhofflimmern und Endstadium Herzinsuffizienz: Signifikant verbesserte Prognose

Wie wirkt sich eine Katheterablation auf den Krankheitsverlauf von Patient:innen aus, die an Herzinsuffizienz im Endstadium und zugleich an symptomatischem Vorhofflimmern leiden? Dieser Frage wurde in einer Studie mit rund 100 eingeschlossenen Patient:innen nacgegangen. Prof. Dr. med. Gerhard Hindricks, Leiter der Elektrophysiologie am DHZC, gehört zu den Autor:innen. Im Ergebnis zeigte die Kombination von Katheterablation und medizinischer Leitlinientherapie eine gegenüber der alleinigen medikamentösen Therapie erheblich verbesserte Überlebensrate und geringere Notwendigkeit langfristiger mechanischer Kreislaufunterstützung oder Transplantation.

ECLS-Therapie bei kardiogenem Schock: Kein signifikanter Vorteil

Die extrakorporale Lebenserhaltung (ECLS) wird immer häufiger zur Behandlung des infarktbedingten kardiogenen Schocks eingesetzt, trotz unklarer Auswirkungen auf die Sterblichkeit. In einer multizentrischen Studie wurden nun rund 420 Patient:innen mit akutem Myokardinfarkt und kardiogenem Schock, entweder der kombinierten ECLS- und Standardtherapie oder nur der Standardtherapie zugewiesen. Prof. Dr. med. Carsten Skurk, stellvertretender Direktor der DHZC-Kardiologie am Charité-Campus Benjamin Franklin, gehört zu den Autor:innen. Verglichen wurde die 30-Tage-Sterblichkeit sowie die Häufigkeit von Blutungen und Gefäßkomplikationen. Im Ergebnis zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Sterblichkeit zwischen den beiden Gruppen. Allerdings waren in der ECLS-Gruppe mehr Komplikationen vor.

Consensus Paper

Die Europäische Gesellschaft für Kardiologie (ESC) und die Europäische Vereinigung für Herz-Thorax-Chirurgie (EACTS) haben gemeinsam die Behandlungsevidenz für Patienten mit einer Erkrankung der linken Hauptkoronararterie und einem niedrigen chirurgischen Risiko überprüft. Das Ergebnis wurde auf dem ESC-Kongress vorgestellt und sowohl im European Heart Journal als auch im European Journal of Cardio-Thoracic Surgery veröffentlicht. Prof. Volkmar Falk gehört zu den Autor:innen.

Die beiden Fachgesellschaften hatten im Oktober 2021 eine Arbeitsgruppe initiiert und beauftragt, die 2018 herausgegebenen Leitlinien zur Behandlung von Erkrankungen der linken Hauptkoronararterie zu überarbeiten, nachdem die EACTS ihre Unterstützung dieser Empfehlungen zurückgezogen hatte.

Nach einer umfassenden Überprüfung der relevanten Daten kam die Expertengruppe jetzt zu dem Schluss, dass sowohl die Koronararterien-Bypass-Operation (CABG) als auch die perkutane Koronarintervention (PCI) für Patienten mit niedrigem chirurgischen Risiko klinisch sinnvoll sind. Die Wahl des Verfahrens hängt von der Patientenpräferenz, der vorhandenen Expertise und den lokalen Behandlungsvolumina ab. Für zukünftige Richtlinien empfehlen die Autor:innen für CABG die Klassifikation I und den Evidenzgrad A, während für PCI die Klassifikation IIa und Evidenzgrad A vorgeschlagen wird.

Neuen Leitlinien für chronische koronare Syndrome werden derzeit erarbeitet und sind für August 2024 geplant. Bis dahin gibt das nun vorgelegte Dokument den behandelnden Herz-Teams eine auf fundierten Daten beruhende, aktuelle und unter den Fachgesellschaften abgestimmte Grundlage zur Wahl der bestmöglichen Therapie.

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Seit dem 1. Januar 2023 bilden die herzmedizinischen Einrichtungen des Deutschen Herzzentrums Berlin und der Charité – Universitätsmedizin Berlin das Deutsche Herzzentrum der Charité (DHZC). Gemeinsam wollen wir einstehen für eine immer bessere Herzmedizin, für Prävention und Nachsorge. Für alle Menschen. Für jeden Herzschlag.
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