17.04.2022

Schritt für Schritt zurück ins Leben

Eine seltene Erkrankung hat die Lunge von Thi-Ngoc-Thu Tong aus Fürth unheilbar geschädigt, ein Spenderorgan war ihre einzige langfristige Überlebenschance. Sechs Monate war sie an der ECMO angeschlossen, bis sie am DHZB transplantiert werden konnte.

Thi-Ngoc-Thu Tong und ihr Sohn Khang Nguyen (vorn in der Mitte) mit DHZB-Herzchirurg Dr. Felix Hennig, Susanne Fieberg (Pflegerische Stationsleitung der Charité-Klinik für Infektiologie und Pneumologie), Heike Bettmann (pflegerische Leiterin der DHZB-Transplantationsambulanz), den Charité-Oberärzten Dr. med. Alexander Uhrig und Dr. med. Holger Müller-Redetzky sowie dem chirurgischen Leiter des Transplantationsprogramms am DHZB, Prof. Dr. med. Christoph Knosalla (von links nach rechts) beim Wiedersehen im DHZB (Foto: DHZB).

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Eine Geschichte über ein fach- und klinikübergreifendes Ärzt*innen- und Pflegeteam, eine Patientin und ihren Sohn, die ihre gemeinsame Zuversicht nie aufgegeben haben.

Thi-Ngoc-Thu Tong aus Vietnam lebt seit rund 20 Jahren im bayrischen Fürth. Sie liebt ihren Job als Küchenchefin, treibt viel Sport und achtet auf ihre Gesundheit. Doch im Januar 2021 muss sie wegen einer plötzlichen Lungenentzündung ins Krankenhaus. Trotz intensiver Therapie verschlechtert sich der Zustand der Patientin stündlich. Die Lunge kollabiert; am Universitätsklinikum Erlangen wird Thi-Ngoc-Thu Tong an ein ECMO-System angeschlossen, das die Lungenfunktion ersetzt. Sohn Khang Nguyen (34 Jahre), der nahezu rund um die Uhr bei seiner Mutter bleibt, rechnet mit dem Schlimmsten.

Die Ärzt*innen diagnostizieren schließlich „Dermatomyositis“ – eine sehr seltene, unheilbare Autoimmunerkrankung. Thi-Ngoc-Thu Tongs einzige Chance ist eine Lungentransplantation – doch die aufwändige Operation ist bei einer so stark geschwächten Patientin riskant. Mehre Transplantationszentren lehnen ab.

Am DHZB entscheidet die interdisziplinäre Transplantationskonferenz unter Leitung von Prof. Falk nach mehrfacher Prüfung und sorgfältiger Abwägung, dass die Operation machbar ist, akzeptiert die Patientin und beantragt bei Eurotransplant die Aufnahme der Patientin auf die Warteliste.

Eurotransplant akzeptiert. Thi-Ngoc-Thu Tong wird an die Medizinische Klinik für Infektiologie und Pneumologie der Charité verlegt. Sie wird nun rund um die Uhr von einem interdisziplinären Team versorgt, das auf die Behandlung von Patient*innen mit akutem Lungenversagen und Autoimmunerkrankungen der Lunge spezialisiert ist. Dennoch ist allen Beteiligten klar, dass Thi-Ngoc-Thu Tongs Chancen umso schlechter stehen, je länger sie auf eine Spenderlunge warten muss.

Khang Nguyen bleibt an der Seite seiner Mutter. Er mietet ein WG-Zimmer in Berlin, geht nachts und frühmorgens seinen Beruf als Controller nach. Tagsüber ist er fast immer in der Klinik, übersetzt für seine Mutter, die kaum Deutsch spricht, bringt ihr selbstgekochtes Essen, unterstützt die Physiotherapeut*innen. Und er gibt seiner Mutter Kraft, wenn sie körperlich und seelisch an ihre Grenzen kommt.

Diese intensive Unterstützung bewirkt bei der schwerstkranken Patientin für alle Beteiligten Erstaunliches: Ihr Zustand stabilisiert sich, sie schafft sogar einen Gang durch die Intensivstation, angeschlossen an die ECMO. Ein berührendes Video hält diesen Moment fest.

Zum Video

Im Juli 2021 steht schließlich eine passende Spenderlunge zur Verfügung. Thi-Ngoc-Thu Tong wird ins DHZB verlegt. In einer 13-stündigen Operation entfernen Herzchirurg Dr. med. Felix Hennig und sein Team das ECMO-System, das die Patientin ein halbes Jahr lang am Leben gehalten hat, und setzen schließlich die Spenderlunge ein.

Gemeinsam mit ihrem Sohn und den DHZB-Teams kämpft sich Thi-Ngoc-Thu Tong zurück ins Leben. Anfang Oktober 2021 wird sie in die Reha entlassen, Ende November 2021 bringt Khang Nguyen seine Mutter nach fast elf Monaten in Berlin endlich wieder heim nach Fürth.

Heute, knapp neun Monate nach der Transplantation, geht es Thi-Ngoc-Thu Tong gut. Sie kocht wieder für die Familie, geht regelmäßig zur Physiotherapie und treibt sogar wieder Sport. Ihre Tochter kommt oft zu Besuch. Jetzt im Frühling freut sich die 56-Jährige auf lange Spaziergänge in der Natur.

„Für uns ist das immer noch wie ein Wunder“, sagt ihr Sohn: „Wir sind uns bewusst, welch einzigartige Leistung die Teams der Charité und des DHZB hier gemeinsam vollbracht haben und werden die fachliche Kompetenz und die große Menschlichkeit aller Beteiligten nie vergessen.“

Bei einem ihrer regelmäßigen Kontrolltermine in der Transplantationsambulanz des DHZB haben Thi-Ngoc-Thu Tong und ihr Sohn jetzt einen kleinen Teil des großen Teams aus Ärzt*innen und Pflegenden wiedergetroffen. Stellvertretend für alle Kolleg*innen, die sie behandelt haben, freuten sich DHZB-Herzchirurg Dr. Felix Hennig, Susanne Fieberg (Pflegerische Stationsleitung der Charité-Klinik für Infektiologie und Pneumologie), Heike Bettmann (pflegerische Leiterin der DHZB-Transplantationsambulanz), die Charité-Oberärzte Dr. med. Alexander Uhrig und Dr. med. Holger Müller-Redetzky sowie der chirurgische Leiter des Transplantationsprogramms am DHZB, Prof. Dr. med. Christoph Knosalla (von links nach rechts), Thi-Ngoc-Thu Tong und ihren Sohn wiederzusehen.

Wir wünschen ihr und ihrer Familie weiterhin viel Kraft und alles Gute!

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