11.03.2021

Künstliche Intelligenz gegen lebensbedrohliche Komplikationen

Mit Gründung der x-cardiac GmbH werden KI-basierte Monitoring Systeme zur Vermeidung lebensbedrohlicher Komplikationen nach Herzoperationen jetzt in marktreife Medizinprodukte überführt.

Das x-cardiac System in Betrieb auf der Intensivstation IPS 1 des DHZB.

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Nachblutungen und akutes Nierenversagen gehören zu den gefährlichsten Komplikationen nach Operationen am Herzen oder den herznahen Gefäßen. Je früher sie erkannt werden, desto größer ist die Aussicht auf erfolgreiche Behandlungsmaßnahmen. 

Zwar werden die Körperfunktionen und Kreislaufparameter der Patient*innen auf einer modernen herzchirurgischen Intensivstation fortlaufend und mit einer Vielzahl von Messinstrumenten überwacht. Zugleich ist es aber auch für erfahrene Ärztinnen und Ärzte kaum möglich, unter den vielen kontinuierlich ermittelten Überwachungsdaten frühzeitige Anzeichen für Komplikationen „herauszulesen“, noch bevor es zu echten Symptomen kommt.  

Ein Team um Professor Dr. med. Alexander Meyer, Mediziner am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB), hat Algorithmen mit genau dieser Fähigkeit entwickelt. 

Dazu bauten Meyer und seine Kolleg*innen sogenannte „rekurrente neuronale Netzwerke“ auf, also künstliche Intelligenz, die unter Verwendung der gespeicherten und anonymisierten Daten von über 50.000 Patient*innen am DHZB zur Früherkennung von Nachblutungen und des akuten Nierenversagens gleichsam „trainiert“ wurde. 

Potenziell lebensbedrohliche Zustände können somit vorausgesagt und rechtzeitig durch entsprechende therapeutische Maßnahmen vermieden werden. 

Während der Entwicklungs- und Testphase wurde Alexander Meyer als Stipendiat des „Clinician Scientist Programms“ am Berlin Institute for Health (BIH) in der Charité – Universitätsmedizin Berlin gefördert, zusätzlich erhielt das Projekt Fördermittel im Rahmen der durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ermöglichten BIH-Förderprogramme „Digital Health Accelerator“ und „Spark Validation Fund“.

Die Studie zur retrospektiven Validierung des Systems zur Vorhersage postoperativer Blutungen wurde in „Lancet Respiratory Medicine“ veröffentlicht, die Bewertung des Systems zur Früherkennung des akuten Nierenversagens publizierte Alexander Meyer mit seinem Team im „nature partner journal (npj) Digital Medicine“.

Die Systeme wurden in den Intensivstationen des DHZB seit April 2018 im realen Klinikbetrieb erprobt und werden nun in die zertifizierten Medizinprodukte „x-c-bleeding“ und „x-c-renal-injury“ überführt, die von der Firma x-cardiac vermarktet werden. 

Diese künftigen Medizinprodukte erfüllen darüber hinaus alle Anforderungen zur Förderfähigkeit als klinischen Entscheidungsunterstützungssystem im Rahmen des Krankenhauszukunftsgesetzes (KHZG). Das KHZG fördert mit einem Investitionsprogramm des Bundesgesundheitsministeriums die Digitalisierung in deutschen Krankenhäusern mit insgesamt bis zu 4,3 Milliarden Euro.

Zur Geschäftsführung des neuen Unternehmens gehört neben Alexander Meyer der Berliner Diplom-Kaufmann und Unternehmer Oliver Höppner.

Oliver Höppner ist als CEO von x-cardiac verantwortlich für die Bereiche  Geschäftsentwicklung, Finanzen und Personalwesen. Er verfügt über eine mehr als zwanzigjährige Führungserfahrung als Manager zahlreicher Life-Science-Unternehmen. 

Für das operative Geschäft bei x-cardiac ist der Ingenieur Kay Brosien zuständig. Zugleich ist er für das Qualitätsmanagement und die Regulatorik verantwortlich. Vor x-cardiac entwickelte Kay Brosien bereits Diagnosesoftware für angeborene Herzkrankheiten.

Alexander Meyer absolvierte eine Berufsausbildung zum Fachinformatiker und war zwei Jahre als Software-Entwickler tätig, bevor er ein Medizinstudium an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main aufnahm. Seit 2015 ist er am DHZB tätig. Er hat dort die „AG Medical Data Science“ aufgebaut und ist seit Mitte 2020 als Chief Medical Information Officer in leitender Funktion für die Digitalisierung in der Medizin verantwortlich. 

Im Dezember 2020 wurde Alexander Meyer zum W2-Professor für „Clinical Applications of AI and Data Science“ an der Charité – Universitätsmedizin Berlin berufen. 

Den wissenschaftlichen Beirat von x-cardiac bilden Prof. Dr. med. Volkmar Falk und Prof. Carsten Eickhoff. 

Volkmar Falk ist Direktor der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie und Ärztlicher Direktor des Deutschen Herzzentrums Berlin und Direktor der Klinik für Kardiovaskuläre Chirurgie der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Er ist zudem ordentlicher Professor für translationale kardiovaskuläre Technologien an der ETH Zürich. 

Carsten Eickhoff ist Professor für Medizinische KI an der Brown University in Providence, Rhode Island (USA). Er leitet das AI Lab am Brown's Center for Biomedical Informatics und unterstützt x-cardiac als technischer Berater. Vor seiner Professur hat er an der Harvard University und der ETH Zürich geforscht. Zusammen mit Alexander Meyer war Carsten Eickhoff der wissenschaftliche Initiator des x-cardiac Projekts.

Das nun aus diesem Projekt hervorgegangene Unternehmen werde mittelfristig mehrere weitere Produkte auf den Markt bringen, erläutert Alexander Meyer: „Das Prinzip der Früherkennung postoperativer Komplikationen basierend auf Big Data und mithilfe künstlicher Intelligenz lässt sich auf eine Vielzahl chirurgischer Subdisziplinen und spezifischen Komplikationen erweitern. 

Wir sind überzeugt, dass unsere Entwicklungen nicht nur die Sterblichkeit nach Operationen, sondern auch die Verweildauer der Patient*innen auf der Intensivstation erheblich reduzieren und damit auch einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit der Kliniken haben können“.

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