29.12.2018

„Jetzt erst recht“

Ein hochdringlich für eine Herztransplantation am DHZB gelisteter Patient hat gestern in der Kapelle des Virchow-Klinikums geheiratet.

Annette Künzel und Christoph Schall aus Berlin kennen sich bereits seit 22 Jahren und haben bereits 1998 standesamtlich geheiratet: Am 29. Dezember, auf den Tag genau 20 Jahre vor dem gestrigen kirchlichen Ja-Wort. 

Nach der unkomplizierten Trauung vor dem Standesbeamten 1998 habe eigentlich bald mal eine festliche kirchliche Hochzeit folgen sollen, erzählt Annette Künzel. Doch das Leben selbst sorgt immer wieder für Aufschub: Da sind drei Söhne, die 1999, 2001 und 2005 zur Welt kommen, da ist die Arbeit (Annette Künzel ist Politikwissenschaftlerin, Christoph Schall arbeitet als Art Director für große Buchverlage), da ist ein vorübergehender Aufenthalt der Familie in Heidelberg. 

Christoph Schall ist also dreifacher Familienvater, er ist erfolgreich im Beruf und er ist leidenschaftlicher Sportler, früher Marathonläufer, jetzt Radrennfahrer. Mit den Söhnen ist er viel in der Natur unterwegs, auf Wanderungen oder Kanutouren. Wirklich nichts deutet darauf hin, dass er schwer herzkrank sein könnte. 

Doch als er am 15. Dezember 2009 morgens zur Arbeit fährt, kippt er ohnmächtig vom Rennrad. 

Die Diagnose: „Arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie“: Durch die Einlagerung von Bindegewebe im Muskelgewebe der Herzkammer kann sich die Kammermuskulatur immer schlechter zusammenziehen und damit immer weniger Blut in den Kreislauf pumpen. Die narbenartigen Verwachsungen im Herzen können auch zu plötzlichen schweren Herzrhythmusstörungen führen – wie bei Christoph Schall. 

Anfang 2010 wird ihm am Campus Benjamin Franklin der Charité ein Defibrillator eingesetzt, der in den folgenden Jahren auch mehrfach auslöst und dem Patienten damit wahrscheinlich das Leben rettet. 

Zunächst aber kehrt Christoph Schall gut zurück ins Leben, er fängt wieder an zu arbeiten und treibt schließlich auch wieder regelmäßig Sport, wenn auch nicht mit derselben Intensität wie zuvor. 

In den letzten Jahren aber häufen sich die Störungen, 2017 erkennt der behandelnde Arzt, dass die Herzschwäche bereits sehr weit fortgeschritten ist -  und dass eine Transplantation wohl unausweichlich wird. 

Im Herbst 2017 wird Christoph Schall im DHZB auf die Warteliste für eine Herztransplantation gesetzt. Er arbeitet noch bis Oktober dieses Jahres, dann verschlechtert sich der Zustand jedoch weiter, Christoph Schall wird schließlich stationär aufgenommen und am 21.11. als hochdringlich gelistet. 

Wie fast alle Patienten, die auf eine Herztransplantation im DHZB warten, liegt er im Paulinenkrankenhaus im Berliner Westend, der Partnerklinik des DHZB. 

Für seine Hochzeit wird er aber vorübergehend ins DHZB verlegt. Denn nur wenige Meter vom Herzzentrum entfernt liegt die Kapelle des Virchow-Klinikums, wo Pfarrer Jonas Weiß-Lange aus der Gemeinde Schlachtensee nun die Trauung vorgenommen hat. 

Die kirchliche Trauung am 20. Jahrestag der standesamtlichen Hochzeit war lange geplant, freilich nicht in der Kapelle des Virchow-Klinikums. „Die HU-Listung hat unsere Pläne durcheinandergebracht, erzählt Annette Künzel, „wir haben zunächst überlegt, alles abzusagen. Aber dann haben wir entschieden, eben doch am 29. zu heiraten -  jetzt erst recht!“

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