15.11.2019

Innovatives Konzept für modernste Therapie

Ein vom DHZB geleitetes Projekt zur MRT-Diagnostik der Herzinsuffizienz in ländlichen Gebieten wird mit 7 Millionen Euro gefördert

Prof. Dr. med. Sebastian Kelle

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Die magnetresonanztomografische (MRT-)Untersuchung des Herzens ermöglicht in vielen Fällen eine frühzeitige Erkennung der Herzinsuffizienz und damit auch eine bessere Therapie. Während sich diese neue Versorgung in den großen Städten schnell etablieren wird, ist das im ländlichen Raum nicht ohne Weiteres gesichert: dort stehen moderne Herz-MRT-Geräte und spezialisierte Ärzteteams nicht zur Verfügung. Mithilfe mobiler MRT-Einheiten und der Telemedizin sollen jetzt in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern MRT-Untersuchungen des Herzens auch in ländlichen Regionen möglich gemacht werden. Das Projekt unter medizinischer Leitung des Deutschen Herzzentrums Berlin (DHZB) wird vom Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) mit über 7 Millionen Euro gefördert. Damit kann eine bessere Versorgung im ländlichen Raum umgesetzt werden.

Von einer Herzinsuffizienz spricht man, wenn die Pumpleistung des Herzens nicht mehr ausreicht, um den Blutbedarf des Körpers zu decken. Rund 1,8 Millionen Menschen leiden in Deutschland an diesem Krankheitsbild, das zu den häufigsten Todesursachen gehört und in Deutschland Kosten von jährlich über 5 Milliarden Euro verursacht.

Wird eine Herzinsuffizienz früh erkannt und gezielt behandelt, können die Lebenserwartung und -qualität der Patienten gesteigert und gleichzeitig Krankenhausaufenthalte vermieden sowie Therapiekosten gesenkt werden. Allerdings bleibt eine Herzinsuffizienz im Frühstadium häufig unerkannt, da die Krankheit in dieser Zeit oftmals symptomfrei verläuft. Eine zuverlässige Diagnose ist dann meist nur mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) möglich.

In vielen ländlichen Regionen stehen dafür aber oft weder genügend spezialisierte Fachärzte noch die nötige technische Infrastruktur zur Verfügung.

Das Projekt

Das „Herz-Check“-Projekt sieht deshalb vor, mobile MRT-Einheiten dorthin zu bringen, wo sie in Praxen oder Kliniken nicht vorhanden sind. Das Berliner Unternehmen medneo verfügt dazu über spezielle „MRT-Mobile“, also umgebaute LKW, die den Patienten eine MRT Untersuchung wie in einer Klinik ermöglichen. Auch die Bestimmung der Blutwerte ist möglich.
 
Zunächst sollen Versicherte der AOK Nordost sowie niedergelassene Haus- und Fachärzte in der Region über die Möglichkeit und die Vorteile der Früherkennung von asymptomatischer Herzinsuffizienz informiert werden. Die Idee: über eine Website können Hausärzte das Risiko einer unentdeckten Herzinsuffizienz für ihre Patienten anhand etablierter Bewertungsverfahren unkompliziert festlegen. Das ist auch für die Patienten selbst möglich.

Stellen der Hausarzt oder der Patient selbst ein erhöhtes Risiko fest, kann online ein Termin für eine mobile MRT-Untersuchung in der Nähe des Wohnorts vereinbart werden.

Die mobilen MRT-Einheiten können an regionalen Kliniken oder ambulanten Einrichtungen wie Ärztehäusern aufgestellt werden. Vor Ort befindet sich medizintechnisches Personal, das die MRT- Untersuchung sicher und zuverlässig durchführen kann. Sie dauert nur etwa 10 Minuten.

Die Anwesenheit eines Facharztes ist dabei nicht notwendig. Denn die Untersuchungsdaten werden unter Beachtung aller Datenschutz-Vorgaben online an ein „telemedizinisches Expertenzentrum“ übermittelt und dort durch ein geschultes Fachärzteteam ausgewertet.

Ergeben MRT- und Laborbefund Handlungsbedarf, werden die Patienten je nach Schweregrad des Befundes in vordefinierte Behandlungspfade eingeteilt. Gemeinsam mit den behandelnden Ärzten vor Ort werden die notwendigen weiteren ambulanten oder stationären Maßnahmen der Therapie festgelegt. Das Team des Expertenzentrums steht über die gesamte Behandlungsdauer als Ansprechpartner für die Ärzte vor Ort zur Verfügung.

Start schon nächstes Jahr

Das „Herz-Check“ Projekt wird über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert. Davon entfallen etwa 6 Monate auf die Vorbereitung und 24 Monate auf die Durchführung der Untersuchungen in den mobilen MRT-Einheiten. Derzeit ist geplant, im Herbst 2020 die ersten Patienten untersuchen zu können.

Wissenschaftliche Erfolgskontrolle

Ein Jahr nach der Erstuntersuchung werden die Patientinnen und Patienten mit auffälligem Befund im Rahmen des „Herz-Check“-Projekts erneut untersucht, so dass ihr gesundheitlicher Zustand und der Erfolg der früh einsetzenden Therapie bewertet und abgeglichen werden können. Die dabei – und bereits im gesamten Projektverlauf – gewonnen Daten werden vom Institut für Biometrie und Klinische Epidemiologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin evaluiert. Dabei werden auch durch das Projekt erzielte Kosteneinsparungen gemessen.

Medizinischer und wirtschaftlicher Nutzen

Das mit dem Herz-Check angestrebte Patientenscreening kann gefährdete Patienten sehr früh identifizieren und sie ohne Verzögerung einer effektiven weiteren Diagnostik und Prognose verbessernden Prävention/Therapie zuführen. Langfristig wird angestrebt, die Untersuchungskosten pro Patient auf unter 300 Euro zu senken. Damit können hohe Folgekosten, die bei einer erst spät diagnostizierten Herzinsuffizienz entstehen, durch frühe Erkennung der Krankheit deutlich gesenkt oder vermieden werden.

„Mit den modernen Mitteln ambulanter Diagnostik und mit Hilfe der Telemedizin können wir Herzinsuffizienz-Patienten auch in ländlichen Regionen ein optimales Diagnose- und Therapieangebot machen" sagt Projektleiter Sebastian Kelle, "gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen vor Ort und auf eine kosteneffiziente und ressourcenschonende Weise. Wir sind überzeugt, mit dem ,Herz-Check‘ Projekt eine medizinische Versorgungslücke schließen zu können und freuen uns sehr, das Projekt mit Hilfe der Fördermittel des Innovationsfonds nun zügig umsetzen zu können.“

Hintergrundinformationen

Das Projekt „Herz-Check“ ist ein gemeinsames Projekt des Deutschen Herzzentrums Berlin, der AOK Nordost- Die Gesundheitskasse, des Herz- und Gefäßzentrums Bad Bevensen, der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der medneo Deutschland GmbH.
Konsortialführer ist Prof. Dr. med. Sebastian Kelle, Facharzt für Innere Medizin und für Kardiologie. Er ist Oberarzt am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) und Universitätsprofessor für „molekulare und funktionelle koronar-vaskuläre MRT-Bildgebung“ an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Weitere ärztliche Konsortialpartner sind PD Dr. med. Henning Steen sowie Prof. Dr. med. Andrew Remppis.

Der G-BA
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das höchste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen. Er bestimmt in Form von Richtlinien, welche medizinischen Leistungen die ca. 73 Millionen Versicherten beanspruchen können. Darüber hinaus beschließt der G-BA Maßnahmen der Qualitätssicherung für Praxen und Krankenhäuser.
Der G-BA wird von den vier großen Selbstverwaltungsorganisationen im Gesundheitssystem gebildet:
•    Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV),
•    Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV),
•    Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) und
•    Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband).

Der Innovationsfond
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat den Auftrag, neue Versorgungsformen, die über die bisherige Regelversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung hinausgehen, und Versorgungsforschungsprojekte, die auf einen Erkenntnisgewinn zur Verbesserung der bestehenden Versorgung ausgerichtet sind, zu fördern.
Zu diesem Zweck hat die Bundesregierung einen Innovationsfonds aufgelegt. Ziel des Innovationsfonds ist eine qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland.
Der beim G-BA eingerichtete Innovationsausschuss legt in Förderbekanntmachungen die Schwerpunkte und Kriterien für die Förderung fest, führt Interessenbekundungsverfahren durch und entscheidet über die eingegangenen Anträge auf Förderung.
Die zur Verfügung stehende Fördersumme beträgt in den Jahren 2016 bis 2019 jeweils 300 Millionen Euro jährlich. Hierbei sind 225 Millionen Euro für die Förderung neuer Versorgungsformen und 75 Millionen Euro für die Versorgungsforschung vorgesehen. Die Mittel für den Fonds werden von den gesetzlichen Krankenkassen und aus dem Gesundheitsfonds getragen.

Hinweis: Zur Vereinfachung und leichteren Lesbarkeit wird im Lauftext für die einzelnen Personenkategorien nur die männliche Form verwendet. Selbstverständlich gelten alle Bezeichnungen für alle Geschlechter.

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