01.10.2021

Den digitalen Wandel in der Medizin gestalten

Marie Schafstedde und Lisa-Maria Rosenthal werden im Digital Clinian Scientist Program gefördert.

Marie Schafstedde (links) und Lisa-Maria Rosenthal (rechts).

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Sie entwickeln Apps zur Patient*innenüberwachung und forschen zum Einsatz von KI in der Medizin – dabei werden sie ab sofort von der Charité und dem Berlin Institute of Health (BIH) mit einem Stipendium unterstützt: Dr. Marie Schafstedde und Dr. Lisa-Maria Rosenthal aus der Klinik für angeborene Herzfehler – Kinderkardiologie des DHZB sind zwei von derzeit 24 Fellows, die im Digital Clinician Scientist Programm für insgesamt drei Jahre gefördert werden. Das Programm richtet sich an Wissenschaftler*innen, die innovative Projekte der datengesteuerten Medizin umsetzen – zum Bespiel mithilfe von Big Data oder künstlicher Intelligenz (KI) in der Medizin. Wir gratulieren den beiden Wissenschaftlerinnen herzlich und wünschen ihnen viel Erfolg bei ihren Forschungsarbeiten!

Die Geförderten und ihre Projekte

Dr. Marie Schafstedde entwickelt ein modellbasiertes System, das Ärztinnen und Ärzte dabei unterstützen soll, Patient*innen mit komplexen Herzklappendefekten individuell und gezielt zu behandeln und die Auswirkungen der Therapie exakt vorhersagen zu können. Damit schließt sie eine Forschungslücke: „Obwohl Herzklappenerkrankungen zu den häufigsten Ursachen einer Herzinsuffizienz zählen und sowohl Kinder als auch Erwachsene betreffen können, sind die hämodynamischen Auswirkungen der Behandlung bisher nicht konkret absehbar. Die Frage, wie sich der Blutfluss in den Gefäßen nach dem Eingriff verändert, ist also weiter ungeklärt. Das möchte ich mit meinem Forschungsprojekt ändern“, erklärt die Ärztin.

Das System eignet sich besonders für komplizierte Erkrankungen wie die kombinierte Aortenklappenstenose mit Mitralklappeninsuffizienz. Betroffene leiden unter einer verengten Aortenklappe und einer undichten Mitralklappe – dadurch wird der Blutfluss insgesamt verhindert und die Herzleistung nimmt ab. Ärztinnen und Ärzte müssen vor der Behandlung zum Beispiel einschätzen können, wie sich die Mitralklappeninsuffizienz verändert, wenn nur die Aortenstenose behandelt wird. Hier kann die Simulation von Marie Schafstedde weiterhelfen: Mit ihren Modellierungen kann sie simulieren, welchen Einfluss die verschiedenen Behandlungsmethoden auf die anatomischen Eigenschaften der Herzklappen und den Blutfluss in den Gefäßen haben. „Mit diesen Parametern kann das KI-System vorhersagen, welche Behandlung individuell am besten geeignet ist und welche hämodynamischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Das hilft Ärztinnen und Ärzten bei der Entscheidungsfindung“, sagt Marie Schafstedde. 

Dr. Lisa-Maria Rosenthal hat ein Konzept für eine spezielle App entwickelt, die Eltern und Ärzt*innen bei der medizinischen Überwachung von Kindern mit univentrikulären Herzfehlern hilft. Dabei handelt es sich um schwere angeborene Herzfehler, bei denen nur eine statt zwei Herzkammern ausreichend entwickelt ist. Drei komplizierte Operationen in den ersten beiden Lebensjahren sind erforderlich, damit das Herz den Körper dennoch gut mit Blut versorgen kann. Zwischen der ersten und zweiten Operation vergehen in der Regel vier bis fünf Monate, in denen es den Kindern ermöglicht werden soll, die Zeit zu Hause bei ihren Familien zu verbringen. „In dieser sensiblen Phase ist eine engmaschige medizinische Überwachung besonders wichtig, da die Kinder ein erhöhtes Risiko für einen plötzlichen Herztod haben“, erklärt Dr. Lisa-Maria Rosenthal. „Deshalb haben wir im Team eine App entwickelt, mit der die Kinder aus der Ferne überwacht werden können.“

So funktioniert die Anwendung: Mindestens zweimal pro Tag können die Eltern am Smartphone oder Tablet Messwerte wie Körpergewicht, Flüssigkeitsaufnahme, Temperatur, Puls oder Sauerstoffsättigung des Blutes eingeben. Die App zeigt an, ob die Daten im „grünen Bereich“ liegen und übermittelt die Messwerte an das Gesundheitsteam. In wöchentlichen Videokonsultationen verschaffen sich die Mediziner*innen außerdem einen persönlichen Eindruck über den Gesundheitszustand ihrer jungen Patent*innen.

„Mit diesem digitalen Tool wollen wir Patient*innen mit univentrikulären Herzfehlern optimal betreuen und gleichzeitig die Zahl der Krankenhausaufenthalte reduzieren – für mehr Lebensqualität der Kinder“, sagt Lisa-Maria Rosenthal. „In einer Längsschnitt-Kohortenstudie wird nun untersucht, wie erfolgreich unsere App bei der Überwachung der Kinder und der Optimierung der Herzinsuffizienztherapie ist – und ob die Technologie auch akzeptiert wird.“

Informationen zum Förderprogramm

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