04.10.2022

„A mentor isn’t enough“

In unserer Serie über Frauen in der Herzmedizin stellen wir heute PD Dr. med. Bettina Heidecker vor.

PD Dr. med. Bettina Heidecker

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Anlass zum Start der Serie war im September der 152. Geburtstag von Rahel Hirsch, die 1913 an der Charité zur ersten Medizin-Professorin Deutschlands ernannt wurde.

Bettina Heidecker leitet als Oberärztin in der Kardiologie den Bereich Herzinsuffizienz und Kardiomyopathien am Campus Benjamin Franklin der Charité.

Geboren und aufgewachsen in Oberösterreich, hat Bettina Heidecker in Innsbruck Medizin studiert und im Anschluss ein Post Doctorate Fellowship an der Johns Hopkins University in Baltimore absolviert. Anfang 2007 folgte sie ihrem Mentor Prof. Joshua Hare an die University of Miami, absolvierte dort ihre Facharztausbildung für Innere Medizin und wechselte 2012 an die University of California San Francisco für ihre Facharztausbildung in Kardiologie, welche sie 2015 erfolgreich absolvierte.

Nach Abschluss ihrer Ausbildung kehrte sie zurück nach Europa und etablierte am Universitätsspital Zürich eine Spezialsprechstunde und eine Forschungsgruppe für Myokarditis. Im Jahr 2018 kam Bettina Heidecker schließlich nach Berlin in das Team von Professor Ulf Landmesser an die Charité.

Auch hier gehören inflammatorische Kardiomyopathien, also entzündliche Erkrankungen des Herzmuskels wie Myokarditis oder Sarkoidose, zu Bettina Heideckers Forschungsschwerpunkten. Erkrankungen, die „immer noch unterdiagnostiziert sind, obwohl sie immer wieder zum plötzlichen Herztod bei jungen Menschen führen“, sagt Bettina Heidecker, liegen ihr persönlich besonders am Herzen.

Ihre Arbeiten wurden in hochrangigen Fachzeitschriften wie dem New England Journal of Medicine, JAMA, Nature, Circulation und dem European Heart Journal veröffentlicht und bereits mit zahlreichen Forschungspreisen ausgezeichnet.  Zuletzt erhielt Bettina Heidecker eine Ehrenprofessur an der University of Miami für ihre wissenschaftliche und klinische Arbeit.  Die Professur ist benannt nach Miriam Lemberg - der Frau eines Pioniers in der Kardiologie.  Heidecker gehört zum “Board of Directors” der internationalen Myocarditis Foundation, ist Mitglied in neun Fachgesellschaften und hat bereits mehr als 1,3 Millionen Euro Forschungsgelder für Ihre Projekte eingeworben.

Viele Ärzt*innen in so großen und hochspezialisierten Kliniken wie der Charité oder dem DHZB verfügen über große Erfahrung und Expertise. Doch selbst für diese Verhältnisse sind Bettina Heideckers Lebenslauf und ihre Erfolge beeindruckend. Was treibt sie als Ärztin und Wissenschaftlerin an, was können insbesondere angehende Medizinerinnen von ihr lernen?

„Mein wichtigster Ratschlag gilt jungen Männern wie Frauen gleichermaßen“, antwortet Bettina Heidecker: „Wichtig ist für sich herauszufinden, für welches Fachgebiet man sich wirklich begeistert, damit man von sich aus und gerne das bisschen Extra gibt, das es braucht, um wirklich erfolgreich zu sein.  Es ist dabei wichtig einen individuellen Weg für sich zu finden, der auf eigenen Stärken aufbaut und bei welchem man sich nicht von Rückschlägen entmutigen lässt. Dieser muss nicht immer geradlinig verlaufen.  Wichtig ist nur, dass man dort hinkommt, wo man möchte.“

Außerdem empfiehlt Bettina Heidecker dem medizinischen Nachwuchs, Belege für die eigene Qualifikation zu sammeln: „Weiterbildungen und Zertifikate, Publikationen und eingeworbene Drittmittel oder die Teilnahme an Bewerben zur Erlangung von wissenschaftlichen Preisen sind eine gute Möglichkeit, Kompetenz objektiv darzulegen.“  Entsprechend tritt Heidecker auch für eine international einheitliche und standardisierte Fachärzt*innenausbildung und -prüfung ein: „Je objektiver Fähigkeiten erworben und nachgewiesen werden, um so objektiver können Stellenvergaben und Beförderungen verlaufen,“ sagt sie.

Natürlich sei auch sie in ihrer Karriere festgefügten Rollenbildern und Stereotypen begegnet, erzählt Bettina Heidecker. Ihr ist aber wichtig, jungen Kolleginnen Optimismus zu vermitteln, dass sich die Umstände kontinuierlich bessern und dass jeder/jede für sich und andere zur Verbesserung beitragen kann und sollte. Neben individuellen Beiträgen bedürfe es vor allem aber auch mehr Frauen in Führungspositionen für ein nachhaltiges Umdenken. Zahlreiche Studien belegen, dass Organisationen mit mehr Diversität in den Führungspositionen und guter Integration dieser Diversität generell erfolgreicher sind.  Somit profitieren alle."


Speziell an junge Kolleginnen richtet sich Bettina Heideckers Ratschlag, sich weibliche Vorbilder in ihrem Fachgebiet zu suchen und auch in Kontakt mit ihnen zu treten. Dabei gehe es um Austausch, Motivation und letztendlich auch Förderung, sagt Bettina Heidecker – und zitiert eine Überschrift aus dem „Wall Street Journal“, die sich ihr eingeprägt hat: „A mentor isn’t enough. You also need an advocate.“


Wir danken Frau PD Dr. med. Bettina Heidecker sehr herzlich für ihre Geschichte und ihre Einsichten – und wünschen ihr weiterhin viel Erfolg.

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