Die oft große Sorge vieler Patient*innen und/oder ihrer Angehörigen können wir sehr gut verstehen. Wir versuchen hier, soweit möglich, einige Fragen zu beantworten.

Bitte beachten Sie aber zunächst folgende wichtigen Hinweise:

•    Die wissenschaftliche Datenlage zum SARS CoV-2 Virus bzw. zur COVID 19-Erkrankung ist immer noch unzureichend. Viele hier aufgeführten Einschätzungen basieren auf dem momentanen wissenschaftlichen Kenntnisstand, der sich noch ändern kann. Sie stehen damit ausdrücklich unter Vorbehalt.

•    Wir können hier nicht auf detaillierte Einzelfragen antworten. Jede(r) Patient*in muss individuell beurteilt werden. Dafür ist immer die Kenntnis der medizinischen Patientendaten und des Erkrankungsverlaufs notwendig. Wenden Sie sich mit individuellen Nachfragen deshalb immer an Ihre (Kinder-)Ärztin / Ihren (Kinder-)Arzt bzw. Kardiologin/Kardiologen.

•    Wenn Sie am DHZB in Behandlung sind, schreiben Sie uns an kika-ambulanz@dhzb.de
Bitte haben Sie Verständnis, dass unsere Ambulanz telefonisch nur bei wirklich wichtigen Fragen zur Verfügung steht. Siehe dazu auch den Punkt „Termine am DHZB“ weiter unten.

•    Halten Sie sich an die allgemeinen „AHA-L“-Hygienemaßregeln, waschen Sie sich und Ihren Kindern häufig die Hände mit Wasser und Seife, benutzen Sie und auch Ihre Kinder wann immer möglich und erforderlich eine Alltagsmaske, meiden Sie soweit möglich direkte Kontakte, und achten Sie auf häufiges und regelmäßiges Stoß-Lüften in geschlossenen Räumen mit mehreren Personen.

•    Bei akuter Atemnot, Brustschmerzen oder anderen kardialen Notfall-Symptomen rufen Sie sofort einen Notarzt! Auch in Zeiten der Corona-Pandemie stehen die dafür zuständigen medizinischen Einrichtungen immer zur Verfügung!

 

Risiko für Kinder mit Angeborenen Herzfehlern

Nach bisherigem Wissensstand haben mit SARS CoV-2 infizierte Kinder und Jugendliche bis auf sehr wenige dokumentierte Ausnahmen einen milden Verlauf der Erkrankung. Vereinfacht gesagt, kommt es meist erst gar nicht dazu, dass Herz und oder Lunge „befallen“ und damit das Herz-Kreislaufsystem belastet wird.

Entsprechend selten dürfte es zu einer Situation kommen, bei der sich eine angeborene oder erworbene Herzerkrankung negativ auf den Krankheitsverlauf auswirken könnte. Dies gilt nach derzeitiger Studienlage auch für Kinder mit komplexen angeborenen Herzfehlernund normaler Herzfunktion und auch für Fontan-Patient*innen im Kindesalter, die ihren Alltag ohne gehäufte Infekte oder sonstige Einschränkungen bewältigen können. Sollte es allerdings bei Kindern nach Glenn- oder Fontanoperation oder bei Shunt-abhängigen Lungendurchblutungen doch zu der gefürchteten Lungenentzündung kommen, sind dies sehr ernst zu nehmende Erkrankungsbilder. Auch die bei COVID 19-Patient*innen vermehrt nachgewiesene Thrombenbildung und damit das Risiko einer lebensbedrohlichen Lungenembolie gibt hier Anlass, die Hygienmaßregeln besonders streng einzuhalten.

Herztransplantierte Kinder

Die Immunsupression bei herztransplantierten Patient*innen ist ein Risikofaktor in Bezug auf jede Infektionserkrankung, also auch COVID 19. Die Hygienemaßregeln (AHA-L) sollten deshalb selbstverständlich streng beachtet werden, was für Familien herztransplantierter Kinder ohnehin selbstverständlich ist, deswegen kommen diese Familien damit meistens sehr gut zurecht. Es gibt aber derzeit keinen Beleg für ein erhöhtes Risiko eines schweren COVID 19-Verlaufs bei herztransplantierten Kindern. Es sind weltweit einige Fälle von COVID 19-Erkrankungen bei herztransplantierte Kindern dokumentiert. Berichtet wurde dabei zumeist ein milder Verlauf.
Die extrem seltenen schweren Verläufe betrafen unserem Kenntnisstand zufolge ausschließlich Kinder in bereits vor der Infektion sehr schlechtem Allgemeinzustand, die bereits stationär in einer Klinik aufgenommen waren.

Es gibt also keinen Grund, herztransplantierte Kinder mit stabilem Gesundheitszustand ununterbrochen komplett zu isolieren! In einer sehr unübersichtlichen Pandemiesituation mit "explodierenden" Zahlen und der Unmöglichkeit einer Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter kann es aber durchaus sinnvoll sein, ein herztransplantiertes Kind vom Schulunterricht temporär freizustellen. Je nach Pandemieverlauf – insbesondere in Bezug auf die Ausbreitung der sog. "Delta-Variante" tauschen Sie sich mit Ihrem behandlenden Kinderkardiologen aus und/oder sprechen Sie bitte mit Ihrem Transplantationszentrum.

Aktuelle Stellungnahme der Fachgesellschaft

Die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrie und Angeborene Herzfehler kommt derzeit (letzter Stand Februar 2021) aufgrund umfangreicher Erhebungen unter deutschen Kinderkardiolog*innen zu folgendem Fazit:

Selbstverständlich sollten alle Personen die allgemeingültigen AHA-L-Regeln als wirkungsvolle Schutzmaßnahme zur Eindämmung der Pandemie befolgen. Anders als zu Beginn der Pandemie befürchtet, führt die Belastung eines angeborenen Herzfehlers nach den derzeit vorliegenden Informationen und nach allen vorliegenden Daten in Deutschland bei Kindern und Jugendlichen nicht zu gehäuften oder schwer verlaufenden COVID-Erkrankungen. Dies trifft anhand der vorliegenden Daten sehr wahrscheinlich auch für EMAH Patienten zu. Die DGPK Umfrage sowie die vorliegenden Informationen des RKI und der DGPI konnten aufzeigen, dass auch Kinder mit Herzerkrankungen unterschiedlicher Art und EMAH Patienten eine COVID Infektion erlitten haben, es hier aber erfreulicherweise keine schweren Krankheitsverläufe gab. Hierbei ist zu bedenken, dass die Zahl der an COVID 19 erkrankten herzkranken Kinder niedrig ist. Insgesamt ist das Risiko für Kinder und Jugendliche, aber auch für junge Erwachsene, an einer COVID Infektion eine schwere Komplikation zu erleiden oder gar zu versterben sehr gering. Diese Daten sind ermutigend für Ärzte, Eltern und Patienten und sollten neue Diskussionsgrundlage in der Beratung von Eltern, Patienten und EMAH im Umgang mit der aktuellen COVID19-Pandemie sein.

Die ausführliche und informative Stellungnahme finden Sie hier.  

Erneut weisen wir darauf hin: Eine pauschale „Entwarnung“ können wir hier anhand der sehr unzureichenden Datenlage aber leider nicht geben.

Risiko für Erwachsene mit Angeborenen Herzfehlern

Insbesondere bei Erwachsenen gilt vereinfacht: Jede Herzerkrankung, die zur Einschränkung der Herz-Kreislaufsystems und damit der körperlichen Leistungsfähigkeit führt, insbesondere kombiniert mit eingeschränkter Lungenfunktion, kann auch das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs von COVID 19 erhöhen. Dies gilt vor allem dann, wenn die COVID 19-Erkrankung zu einer Lungenentzündung führt. 
Betroffen sind u.a. Patient*innen

  • mit einem Fontankreislauf
  • mit Eisenmenger-Syndrom oder anderen Formen des Lungenhochdrucks
  • mit eingeschränkter Linksherzfunktion
  • mit schweren Formen von Herzrhythmusstörungen sowie mit stark eingeschränkter Rechtsherz-Funktion. Zur Risikogruppe gehören auch immunsupprimierte Patient*innen.

Generelle wichtige Risikofaktoren bei Erwachsenen sind – unabhängig von angeborenen Herzfehlern – Bluthochdruck (Hypertonie) und Übergewicht.

Patient*innen mit korrigierten angeborenen Herzfehlern ohne relevante Restbefunde, also ohne messbare Einschränkungen der Herz-Kreislauf-Funktion, haben nach bisherigem Wissenstand auch kein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf.
Dies kann auch für gut korrigierte komplexe angeborene Herzfehler wie etwa die Fallotsche Tetralogie oder die TGA gelten.

Es ist dokumentiert, dass das SARS CoV-2-Virus auch direkt oder über eine Immunreaktion des Körpers zur Entzündung des Herzmuskels führen kann.

Es gibt aber keinen Beleg dafür, dass Patent*innen mit angeborenen Herzfehlern ein höheres Risiko für ein solches Krankheitsbild haben.

Ob und wie sich eine durch einen angeborenen Herzfehler verursachte niedrige Sauerstoffsättigung unmittelbar auf das Immunsystem und damit die Immunantwort auf SARS CoV-2 auswirkt, lässt sich derzeit leider nicht sicher sagen. Es ist aber nicht erwiesen, dass es einen Zusammenhang gibt.

Infektion während der Schwangerschaft

Schwangere Frauen haben generell ein erhöhtes Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf bei einer COVID Infektion. Entsprechend gilt dies auch für Schwangere mit angeborenen Herzfehlern. Inwieweit sich das ohnehin gegebene erhöhte Risiko verstärkt, kann aufgrund der derzeitiger Studienlage aber nicht bewertet werden. Wenn Sie schwanger sind, sollten Sie sich also in jedem Fall – unabhängig von angeborenen Herzfehlern – besonders gut vor einer Infektion schützen.

Impfung gegen SARS CoV-2

Die Impfung gegen das Corona-Virus ist für Kinder und Jugendliche ab einem Alter von 12 Jahren zugelassen und von der Ständigen Impfkommission empfohlen.

Dieser Empfehlung folgen wir uneingeschränkt: Jedes Kind ab 12 - unabhängig von angeborenen Herzfehlern - sollte geimpft werden. Es gibt derzeit keine Kontraindikation für eine Impfung bei Kindern/Jugendlichen mit angeborenen Herzfehlern. Insbesondere herztransplantierte Kinder sollten etwa ein halbes Jahr nach der Transplantation unbedingt geimpft werden. Den genauen Zeitpunkt klären Sie bitte mit Ihrem Transplantationszentrum.

Für Kinder unter zwölf Jahren gibt es derzeit keinen zugelassenen Impfstoff. Wir sehen angesichts des geringen Risikos für einen schweren Verlauf bei Kindern aktuell keine Indikation zu einer generellen Impfung außerhalb der Zualssung. Nur in wenigen begründeten Ausnahmefällen kann hiervon abgewichen werden. Bitte besprechen Sie sich auch hier mit Ihrem/Ihrer behandelnden Kinderärzt*in oder -Kardiolog*in.

Beatmung bei Fontan-Patienten

Prinzipiell ist eine maschinelle Beatmung auch bei Fontan-Patient*innen möglich. Sie sollte aber von spezialisierten und erfahrenen Ärztinnen, Ärzten und Pflegeteams durchgeführt werden.

Fachkliniken wie das DHZB sind so lange wie irgend möglich ausschließlich für die Versorgung dringender Herz-Kreislauf-Erkrankungen zuständig, nötigenfalls auch bei gleichzeitigem Vorliegen einer COVID 19-Erkrankung. Also ganz klar auch für beatmungspflichtige Patient*innen mit einem Fontan-Kreislauf.

Seit Beginn der Pandemie gab es am DHZB (Stand 27. August) keine wegen COVID-19 beatmungspflichtigen Fontan-Patient*innen.

Klinische Einweisung bei Infektion

Wenn ein(e) Patient*in mit angeborenem Herzfehler sich nachweislich mit SARS CoV-2 infiziert hat, aber nur milde oder auch keine Symptome aufweist, besteht nicht sofort die Notwendigkeit einer klinischen Einweisung.
Bei Symptomen besprechen Sie diese zunächst telefonisch mit der behandelnden (Kinder-) Ärztin bzw. dem behandelnden (Kinder-)Arzt.
Bei schweren Symptomen sollte selbstverständlich die Notärztin/der Notarzt gerufen werden.

Schule und Kindergarten/Kita

Bitte haben Sie Verständnis, dass wir angesichts der sich oft schnell verändernden Pandemiekage an dieser Stelle keine generelle Empfehlung oder Einschränkungen aussprechen können. Bitte stimmen Sie sich immer mit uns oder ihrem/ihrer behandelnden Kinderkardiolog*in / Kinderärzt*in ab.

Termine am DHZB

Der Betrieb unserer Ambulanz für Angeborene Herzfehler ist derzeit nicht eingeschränkt. Das Team unserer Ambulanz ruft die Patient*innen/eltern am Vortag der Untersuchung an (für Montagstermine am vorhergehenden Freitag), auch um eine mögliche COVID 19-Exposition abzufragen. Sollten Sie Erkältungssymptome haben oder engen Kontakt zu einer nachweislich Corona-positiv getesteten Person, sagen Sie den Ambulanztermin bitte per Email ab über kika-ambulanz@dhzb.de. Diese Mailadresse können Sie auch gerne für Nachfragen bezüglich Ihres Termins nutzen.

Pneumokokken-Impfung

Generell gilt:
Eine Impfung gegen Pneumokokken gehört zur den allgemein von der Ständigen Impfkommission empfohlenen Impfungen.
Sie wird deshalb normalerweise im Namen der Routine-Vorsorgeuntersuchung von der behandelnden Kinderärztin oder vom behandelnden Kinderarzt durchgeführt (bzw. der Impfstatus wird überprüft).
Innerhalb der ersten zwei Lebensjahre sind drei Impfungen (=Grundimmunisierung) vorgesehen.

Eine vierte Auffrischungs-Impfung soll bei Risiko-Patient*innen ab dem dritten Lebensjahr erfolgen. Dazu gehören auch Kinder mit angeborenen Herzfehlern, die aufgrund dieser Herzfehler noch kardiale Einschränkungen aufweisen.

Die ersten drei Impfungen werden mit einem „PCV-Impfstoff (z.B. Prevenar ®)“ durchgeführt.
Die Auffrischungsimpfung erfolgt in der Regel mit einem „PPSV-Impfstoff (z.B. Pneumovax ®)“

PPSV-Impfstoffe wirken zwar gegen mehr „Erreger-Typen“, sind aber für Kleinkinder bis 2 Jahre nicht zugelassen und nicht so gut wirksam.   

Kinder mit angeborenen Herzfehlern können, z.B. wegen Operationen, die Grundimmunisierung nicht immer innerhalb des vorgeschriebenen Zeitraums bekommen.

Der Impfstatus sollte gerade bei Kindern mit angeborenen Herzfehlern aber unbedingt vollständig sein!
Wenn Sie Zweifel haben, nehmen Sie Kontakt mit Ihrer Kinderärztin oder Ihrem Kinderarzt auf, bei der/dem die Impfungen durchgeführt werden / wurden.

Medikamente

Eine negative Auswirkung bestimmter Medikamente auf die Infektion mit SARS CoV-2 bzw. den Verlauf einer COVID 19-Erkrankung ist klinisch nicht belegt!
Es existiert auch keinerlei Hinweis, dass sich Antikoagulanzien, also Mittel zur Blutverdünnung, bei ambulanten Patient*innen in irgendeiner Form auswirken.
Patient*innen sollten ärztlich verordnete Medikamente wegen dieser Sorge auf keinen Fall eigenmächtig absetzen. Dies gilt insbesondere für Blutdruck-regulierende Medikamente.

Wir wünschen allen Patient*innen und ihren Familien in dieser schweren Zeit alles Gute!