Absent pulmonary valve Syndrom (APVS, Miller White, Miller Lev Paul), Syndrom der fehlenden Pulmonalklappe

Definition, Pathophysiologie und Klinik

Das APVS ist durch die Kombination aus einer Atresie der Pulmonalarterienklappe, einer Unterentwicklung des rechtsventrikulären Ausflusstraktes, einem großen Malalignment-VSD und einer über dem VSD reitenden Aorta charakterisiert. Aufgrund einer vergleichbaren Anatomie (jedoch meist ohne Zyanose) wird das APVS als Extremvariante einer Fallot-Tetralogie angesehen und tritt mit einer Häufigkeit von drei bis sechs Prozent aller Patienten mit Fallot-Tetralogie auf. Durch eine massive aneurysmatische Erweiterung der Pulmonalarterien, die zur einer tracheobronchialen Kompression mit respiratorischer Insuffizienz und Bronchomalazie führen kann. Die Klinik wird bestimmt vom Ausmaß der respiratorischen Beeinträchtigung, der Herzinsuffizienz und Infektionen: 40-50 Prozent der Patienten entwickeln postnatal klinische Zeichen einer obstruktiven Ventilationsstörung, wie Tachypnoe, Stridor, interkostale Retraktionen bis hin zu einer respiratorischen Insuffizienz, die zum Teil eine mechanische Ventilation oder eine ECMO-Implantation erforderlich machen kann. Bei weniger ausgeprägter bronchialen Obstruktion gleicht der klinische Verlauf dem einer Fallot-Tetralogie.

Diagnostik

  • EKG: Zeichen der rechtsventrikulären und -atrialen Hypertrophie.
  • Röntgen Thorax: Holzschuhartig konfiguriertes Herz mit abgehobener Herzspitze und einem betonten Pulmonalissegment, Lungengefäßzeichnung seitendifferent.
  • Echokardiographie: Großer Malalignment-VSD (Lokalisation und Lagebeziehung zur Trikuspidal-, Pulmonal- und Aortenklappe), Überreiten der Aorta, rechter Aortenbogen, Diameter des RVOT, Funktion und Diameter der Pulmonalklappe, Diameter der RPA und LPA, Koronaranomalien, persistierender Ductus (meist nicht nachweisbar).
  • Herzkatheter: Ggfs. zur Bestimmung des pulmonalen Gefäßwiderstandes, Ausschluss Koronaranomalien.
  • CT / MRT / Bronchoskopie: Diameter und Lagebeziehung der Pulmonalarterien zu den Hauptbronchien (bei Symptomen bronchialer Obstruktion).
  • Chromosomenanalyse: DiGeorge-Syndrom besonders bei rechtem Aortenbogen.

Indikation

Die Diagnose stellt eine Indikation zur operativen Korrektur dar. Der Operationszeitpunkt orientiert sich an der Klinik: Patienten ohne Zeichen einer bronchiale Kompression sollten elektiv im Alter von drei bis sechs Monaten operiert werden. Patienten mit einem großem VSD und die mit einer ausgeprägten bronchialen Kompression sollten noch früher, das heißt vor Ausbildung einer Bronchomalazie korrigiert werden.

Operation

Über eine mediane Thorakotomie werden nach Angehen an die Herz-Lungen-Maschine die rechte und linke Pulmonalarterie bis in den Lungenhilus mobilisiert. Das Herz wird kardioplegisch stillgestellt, der Ventrikelseptumdefekt wird transtrikuspidal mit einem Flicken, ein gegebenenfalls vorhandener Atriumseptumdefekt wird direkt verschlossen. Sind Zeichen einer bronchialen Kompression vorhanden, wird die Aorta ascendens durchtrennt und die Pulmonalarterie vor die Aorta ascendens transponiert. Der Diameter der Pulmonalarterien wird mit einer Reduktionsplastik der anterioren und einer Längsplikatur der posterioren Wand auf Normalgröße reduziert. Die Herstellung der Kontinuität zwischen dem rechten Ventrikel und der PA erfolgt mit einem klappentragenden Konduits.

Mögliche Komplikationen im Langzeitverlauf

Die Prognose des Kindes ist bei dem zugrunde liegenden Herzfehler kurz- und mittelfristig gut. Der bedeutendste Risikofaktor für eine erhöhte Letalität und Morbidität ist die Notwendigkeit einer präoperativen mechanischen Ventilation. Über dem rechtsventrikulären Ausflusstrakt ist meist kein nennenswerter Gradient nachweisbar. Im weiteren Verlauf kann eine höhergradige Stenosierung oder Insuffizienz im Bereich der Pulmonalklappe eine Re-Intervention ggfs. den Einsatz eines RV-PA-Konduits erforderlich machen. 

Empfehlung in der Weiterbehandlung

Wir empfehlen bei Verwendung eines RV-PA-Konduits die Antibiotika-Prophylaxe zu den bekannten Indikationen fortzusetzen.