Das Deutsche Herzzentrum der Charité gehört nach Fallzahlen zu den bundesweit größten Zentren für Aortenchirurgie.

Jährlich werden über 400 Aortenoperationen vorgenommen. Spezialisierte Mediziner:innen entscheiden nach sorgfältiger Untersuchung über die optimale Behandlungsmethode für jede Patientin und jeden Patienten.

Die oft aufwändigen und komplizierten Eingriffe und die Nachsorge erfordern fachübergreifend erfahrene und eingespielte Teams, die am DHZC rund um die Uhr vorgehalten werden. Mediziner:innen des DHZC haben zur Entwicklung zahlreicher neuartiger Operationsverfahren in der minimalinvasiven Aortenchirurgie beigetragen.

Operation von Aortenaneurysmen

Wird ein Aortenaneurysma diagnostiziert, sollten zunächst normale Blutdruckwerte eingestellt werden (ggf. mit Medikamenten). Liegt der Aortendurchmesser noch unterhalb der Operationsempfehlung, haben neben der optimalen Blutdruckeinstellung auch regelmäßige Kontrolluntersuchungen einen hohen Stellenwert. Auch das Minimieren von Risikofaktoren (z.B. Rauchen einstellen) wird empfohlen, da das Wachstum des Aneurysmas somit verlangsamt wird.

Aufsteigende Aorta (Aorta ascendens)

Eine wichtige Rolle bei der Entscheidung für die Form der Behandlung spielt der Durchmesser des Aneurysmas. Im Falle eines Aneurysmas der aufsteigenden Aorta wird der chirurgische Eingriff bei einem Gefäßdurchmesser ab 55 Millimeter oder bei einer raschen Zunahme des Aortendurchmessers (über 10 Millimeter pro Jahr) empfohlen. Wenn Risikofaktoren, zum Beispiel eine familiäre Häufung, eine rasche Größenzunahme, eine Schwäche der Aortenklappe oder ein Schwangerschaftswunsch vorliegen, sollte der chirurgische Eingriff schon ab einem Aortendurchmesser von 45 Millimeter erfolgen.

Bei Patient*innen mit Bindegewebserkrankungen der Aorta (z.B. Marfan-Syndrom) wird bereits ab einem Durchmesser von 50 Millimetern der Ersatz der aufsteigenden Aorta empfohlen. In einer am offenen Brustkorb durchgeführten Operation (offen-chirurgisch) wird eine Gefäßprothese (teilweise mit Aortenklappenprothese) eingesetzt.

Aortenbogen

Ein Aneurysma des Aortenbogens sollte ab einem Durchmesser von 55 Millimetern operiert werden. Wenn angrenzende Abschnitte der Aorta betroffen sind, kann der Aortenbogen schon bei einem geringeren Durchmesser durch eine Prothese ersetzt werden.

Absteigende Aorta (Aorta descendens)

Bei behandlungsbedürftigen Aneurysmen der absteigenden Aorta (Durchmesser ab 55 Millimeter) kann mit Hilfe minimalinvasiver Technik (TEVAR; thorakale endovaskuläre Aortenreparatur) eine Stentprothese eingesetzt werden. Voraussetzung hierfür ist ein ausreichend großer Abstand des Aneurysmas zu den abzweigenden Nieren- und Beckengefäßen. Große Aneurysmen sind unter Umständen nicht für einen solchen Eingriff geeignet. In diesem Fall muss eine offen-chirurgische Operation durchgeführt werden. Auch bei Vorliegen einer Bindegewebserkrankung ist eine konventionelle operative Therapie notwendig. Hierbei wird, je nach Lokalisation des Aneurysmas, eine Rohr- oder sogenannte Y-Prothese auf Höhe des Aneurysmas eingesetzt.

Heute können viele Aneurysmen mit sogenannten Endoprothesen ohne eine offene Operation behandelt werden. Bei dieser schonenden "endovaskulären Implantation" wird die Prothese über einen kleinen Einschnitt an der Leiste oder am Arm der Patientin oder des Patienten bis an die erkrankte Stelle vorgeschoben und dort entfaltet.

Aortenklappenrekonstruktion und -ersatz

Bei einer Typ A-Aortendissektion können auch die Aortenklappe und die Abgänge der Herzkranzgefäße betroffen sein. Es wird stets versucht, so viele körpereigene Strukturen wie möglich zu erhalten. Dementsprechend wird eine Rekonstruktion der Herzklappen bevorzugt. Falls die Klappenfunktion durch körpereigene Strukturen nicht wiederhergestellt werden kann, muss die Klappe ersetzt werden. Hierbei können mechanische und biologische Herzklappen zum Einsatz kommen.

Mechanische Herzklappen halten sehr lange, die Patientin bzw. der Patient muss allerdings lebenslang blutverdünnende Medikamente einnehmen. Biologische Klappen werden meist aus Rinder-Herzbeutel-Gewebe oder Schweine-Herzklappen hergestellt. Bei dieser Art von Klappenprothese muss die Patientin bzw. der Patient nur in den ersten Wochen nach der Operation blutverdünnende Medikamente einnehmen. Allerdings halten diese Klappen nicht unbegrenzt und müssen meist nach etwa 10 bis 15 Jahren ausgetauscht werden.

Mehr zur Behandlung von Erkrankungen der Aortenklappe erfahren Sie hier.

Ablauf und OP-Technik

Herz-Lungen-Maschine

Bei einer Operation an der aufsteigenden Aorta bzw. des Aortenbogens muss der Blutfluss während der Operation umgeleitet werden. Hierfür kommt eine Herz-Lungen-Maschine zum Einsatz. Dabei stehen zwei Punkte im Vordergrund:

Lebenswichtige Organe, in erster Linie das Gehirn, müssen während der Operation weiter mit sauerstoffreichem Blut versorgt werden. Das Operationsgebiet muss blutleer sein. Um dies zu gewährleisten, übernimmt die Herz-Lungen-Maschine den Kreislauf des Patienten und stellt die ausreichende Versorgung mit sauerstoffreichem Blut sicher.

Herzstillstand

Während der Operation hört das Herz unter kontrollierten Bedingungen auf zu schlagen. Ein „stillgelegtes Herz“ benötigt zum Erhalt der Herzmuskelzellen weniger Sauerstoff. Somit erhält der Operateur ein Zeitfenster zur Versorgung der Aortenerkrankung. Die Pumpfunktion des Herzens übernimmt in dieser Zeit die Herz-Lungen-Maschine.

Hypothermie

Eine zweite Möglichkeit zur Reduktion des Sauerstoffbedarfs der Zellen ist die sogenannte Hypothermie, ein Herabkühlen der Körpertemperatur bis auf etwa 28 Grad Celsius. Dies kommt, neben den Herzmuskelzellen, vor allem den Gehirnzellen zu Gute, die somit auf das verminderte Sauerstoffangebot mit ebenso vermindertem Sauerstoffverbrauch reagieren.

Selektive antegrade Hirnperfusion

Um die Gehirnzellen noch besser vor einer Schädigung durch Sauerstoffmangel zu schützen (Neuroprotektion), gibt es das Verfahren der selektiven antegraden Hirnperfusion. Hierbei werden hirnzuführende Gefäße zusätzlich mit sauerstoffreichem Blut aus der Herz-Lungen-Maschine versorgt.

OP-Technik

Bei der Operation von Aortenaneurysmen und -dissektionen wird das erkrankte Gefäß durch eine Prothese ersetzt. Meist besteht diese Prothese aus Kunststoff. Wenn infektiöse Prozesse der Hauptschlagader oder des umliegenden Gewebes vorliegen, können auch sogenannte Homografts, bei Organentnahmen entfernte Hauptschlagadern, oder biologische Prothesen aus Herzbeutelgewebe eingesetzt werden.

Konventionelle Operation

Der Ablauf einer Aorten-Operation hängt davon ab, welche Segmente der Hauptschlagader betroffen sind. Bei Aneurysmen der herznahen Aorta und des Aortenbogens wird das Brustbein durchtrennt und der Brustkorb der Patientin bzw. des Patienten geöffnet. Der absteigende Teil der Aorta wird über einen Schnitt zwischen den Rippen erreicht. Ist auch die Bauchschlagader betroffen, wird der Schnitt bis zur Bauchwand verlängert. Liegt ein Aneurysma der Bauchschlagader unterhalb der Nierenarterien vor, wird dieses über eine Eröffnung der Bauchhöhle erreicht.

Der betroffene Abschnitt einer Aortendissektion oder eines Aortenaneurysmas wird durch eine Gefäßprothese ersetzt. Je nach Lokalisation kann dies interventionell (TEVAR) oder offen-chirurgisch durchgeführt werden. Bei der Prothese handelt es sich um ein elastisches Rohr aus Kunststofffasern.

Rehabilitation

Die Rehabilitation nach einem operativen Eingriff an der Aorta ist typischerweise in drei Phasen gegliedert:

  • Die Frührehabilitation erfolgt bereits im Krankenhaus und umfasst Frühmobilistaion und Krankengymnastik.
  • Die Anschlussheilbehandlung (AHB) findet im Falle von Aorten- und Herzoperationen normalerweise stationär statt, kann aber auch (je nach Bedarf) ambulant erfolgen. Bewegungstherapie, physikalische Therapie, psychosomatische Betreuung (z.B. Abbau von Ängsten) und Gesundheitserziehung (z.B. Kontrolle der Risikofaktoren) sind Bestandteile des Programms.
  • Daran schließt sich die Wiedereingliederung (beruflich, außerberuflich) an. Hierbei geht es um eine langsame Steigerung des Arbeitspensums und Strategien zum Stressabbau und zur Stressvermeidung.

Regelmäßige Kontrolle

Patienten mit Aortenerkrankungen benötigen eine lebenslange Betreuung − unabhängig davon, wie die Erkrankung behandelt wird (medikamentös, interventionell oder offen-chirurgisch). Die Häufigkeit und der Umfang der Kontrolluntersuchungen hängen von der Art des Eingriffs und der Aortenerkrankung ab. Die Nachsorge innerhalb des ersten Jahres dient der Erfolgskontrolle der Therapie sowie einem schnellen Erkennen und Beseitigen möglicher Komplikationen, die mit dem Eingriff in Verbindung stehen können. Für die Nachsorge sind klinische Untersuchungen und auch bildgebende Verfahren (wie z.B. Echokardiographie, CT-Angiographie, etc.) erforderlich. Auch eine regelmäßige Vorstellung beim Hausarzt wird empfohlen.

Leben nach einer Aortenoperation

Auto fahren

Innerhalb der ersten sechs Wochen nach der Operation sollten Sie auf das Fahren von Auto, Fahrrad und weiteren Fahrzeugen komplett verzichten. Da die Operation am Brustkorb stattfindet, ist nach dem Eingriff besonders darauf zu achten, das Brustbein so gut wie möglich zu schonen. Auch als Bei- oder Mitfahrer sollten Sie stets den Sicherheitsgurt anlegen.

Medikamente

Eine der wichtigsten Säulen in der Therapie von Aortenaneurysmen und Aortendissektionen ist neben der chirurgischen die medikamentöse Therapie. Risikofaktoren für das Herz-Kreislauf-System, wie Bluthochdruck oder zu hohe Blutzuckerwerte, sollten behoben und möglichst engmaschig kontrolliert werden (siehe Kapitel 3.6). In Abhängigkeit von der Art der Aortenerkrankung und deren Therapie kann eine lebenslange Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern (Blutplättchen-Hemmer) erforderlich sein. Hierfür eignet sich die Einnahme von ASS 100 mg einmal täglich. In besonderen Fällen kann auch eine Therapie mit Blutgerinnungshemmern, wie beispielsweise Marcumar® oder Falithrom®, notwendig sein.

Lebensführung

Da sowohl Aortenaneurysmen als auch -dissektionen als Folge von arteriosklerotischen Bindegewebsveränderungen entstehen können, gilt es nach dem Eingriff an der Aorta alle Risikofaktoren hierfür möglichst zu meiden oder zu reduzieren (siehe Kapitel 3.6). Rauchen und Bluthochdruck sind hierbei die bedeutendsten Faktoren. Körperliche Aktivitäten und Sport können Sie etwa drei Monate nach der Operation, beziehungsweise nach Abschluss der knöchernen Heilung des Brustbeins wiederaufnehmen.

Um Blutdruckspitzen zu vermeiden, sollte auf eine möglichst konstante Belastung geachtet werden. Aktivitäten mit gleichmäßiger Belastung sind unter anderem Schwimmen, Radfahren, Joggen und Walken. Krafttraining sollte nur in moderaten Maßen durchgeführt werden. Nach einem Aorteneingriff ist das Sexualleben nicht beeinträchtigt. Allerdings sollten auch hier übermäßige körperliche Anstrengungen vermieden werden, damit es zu keinen erhöhten Blutdruckwerten kommt.

Reisen und Wellness

Angesichts des Umfangs des Eingriffs und die anschließende Nachsorge sollten größere Reisen frühestens drei Monate nach der Operation unternommen werden. Versorgen Sie sich vor der Reise mit ausreichend Medikamenten und führen Sie Kopien wichtiger Unterlagen bei sich. Hierzu zählen Arztbrief, Prothesen-Ausweis, usw. Achten Sie besonders in den ersten Monaten nach der Operation darauf, auf das Heben und Tragen schwerer Gegenstände (z.B. Reisegepäck) zu verzichten. Auch hier gilt es, große körperliche Belastungen zu vermeiden. Höhenaufenthalte bis 2.000 Meter über dem Meeresspiegel stellen in der Regel kein Problem dar. Aufgrund der Wundheilung sollten mindestens drei Monate nach dem Eingriff abgewartet werden, bevor Sie eine Sauna oder ein Schwimmbad besuchen.

Berufsleben

Nach der erfolgreichen Therapie besteht in der Regel eine Arbeitsunfähigkeit für etwa drei Monate bzw. bis zum Abschluss der knöchernen Heilung. Im Verlauf wird, individuell und abhängig vom Genesungsgrad sowie ausgeübten Beruf, die Berufsfähigkeit eingestuft. Konnte eine Aortenerkrankung durch die Operation vollständig beseitigt werden, ist die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft meist unbeeinträchtigt möglich, sodass sich keine Behinderung aufgrund der Aortenoperation ergibt. Große, noch bestehende Aortenaneurysmen und chronische Aortendissektionen können allerdings zu Beeinträchtigungen im (Berufs-)Alltag führen und somit eine Behinderung darstellen.

Genetische Untersuchung

Aortenaneurysmen und -dissektionen können in Verbindung mit genetisch bedingten, angeborenen Bindegewebserkrankungen bzw. Syndromen vorkommen. Deren Ausprägung kann allerdings sehr unterschiedlich sein. Wann eine humangenetische Untersuchung sinnvoll ist, muss stets individuell entschieden werden. Empfohlen werden diese Untersuchungen bei relativ jungen Patienten mit einer Aortenerkrankung, denn hierbei können sich Konsequenzen für deren Nachsorge und auch für die nahen Verwandten ergeben.

Das Marfan-Zentrum an der Charité und dem Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB) ging aus den seit über zwanzig Jahren bestehenden speziellen Marfan-Sprechstunden der Humangenetik an der Charité und der Herzchirurgie am DHZB hervor. Eine gesetzliche Regelung (§ 116b SGB V) für die ambulante Betreuung von Patient*innen mit seltenen Erkrankungen wie dem Marfan-Syndrom ermöglicht es, die komplexe Betreuung und Behandlung unter einem Dach anzubieten. Hier bündelt sich die Erfahrung der Mediziner*innen. Idealerweise können die Patient*innen alle erforderlichen Termine mit geringem zeitlichem Aufwand am Marfan-Zentrum wahrnehmen.


Über den Autor

Dr. med. Semih Buz arbeitet als Oberarzt an der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC). Er leitet den Bereich Gefäßchirurgie.

Abteilung  |   Kontakt  

Über den Autor

Prof. Dr. med. Christoph T. Starck arbeitet als leitender Oberarzt für den Bereich Herzchirurgie an der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Deutschen Herzzentrums der Charité (DHZC). Er ist Facharzt für Herzchirurgie und Notfallmedizin.

Abteilung  |   Kontakt  |  Forschung


Stand des Ratgebers: März 2022